173.560.1
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2019 Nr. 315 ausgegeben am 2. Dezember 2019
Notariatsprüfungsverordnung (NotarPV)
vom 19. November 2019
Aufgrund von Art. 5 Abs. 8 und Art. 80 des Notariatsgesetzes (NotarG) vom 3. Oktober 2019, LGBl. 2019 Nr. 306, verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
Diese Verordnung regelt die Durchführung der Notariatsprüfung.
Art. 2
Bezeichnungen
Unter den in dieser Verordnung verwendeten Personen-, Berufs- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des weiblichen und männlichen Geschlechts zu verstehen.
II. Notariatsprüfung
A. Zulassung
Art. 3
Antrag
1) Der Antrag auf Zulassung zur Notariatsprüfung ist während der Anmeldefrist bei der Liechtensteinischen Notariatskammer einzureichen. Die Anmeldefrist wird von der Liechtensteinischen Notariatskammer auf ihrer Homepage publiziert.
2) Dem Antrag auf Zulassung zur Notariatsprüfung sind folgende Unterlagen beizulegen:
a) ein Lebenslauf;
b) zum Nachweis der Vertrauenswürdigkeit eine Bescheinigung über die Konkurs- und Pfändungsfreiheit, eine Strafregisterbescheinigung sowie eine Bescheinigung über die disziplinarische Unbescholtenheit als Notar bzw. als Rechtsanwalt;
c) der Nachweis des liechtensteinischen Landesbürgerrechts oder des Staatsbürgerrechts eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA-Vertragsstaat) oder eines aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellten Staates;
d) der Ausbildungsnachweis im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Bst. d des Notariatsgesetzes;
e) ein Nachweis über die praktische Betätigung im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Bst. e des Notariatsgesetzes;
f) die Bestätigung über die Einzahlung der Gebühr für die Zulassung zur Notariatsprüfung (Zulassungsgebühr).
3) Der Antrag und die beizufügenden Unterlagen sind in deutscher Sprache oder in einer beglaubigten Übersetzung einzureichen.
B. Schriftliche und mündliche Prüfung
1. Allgemeines
Art. 4
Grundsatz
1) Die Notariatsprüfung besteht aus einer schriftlichen und einer mündlichen Prüfung. Sie ist in deutscher Sprache abzulegen.
2) Die Prüfungen finden bei Bedarf im Frühjahr und im Herbst statt.
3) Die Prüfungskommission legt die Prüfungstermine fest.
2. Schriftliche Prüfung
Art. 5
Durchführung
1) Die schriftliche Prüfung findet an einem Tag statt, wobei dem Kandidaten maximal acht Stunden zur Verfügung stehen.
2) Jeder Kandidat wird einzeln geprüft. Ihm stehen sämtliche Hilfsmittel zur Verfügung, mit Ausnahme der Hilfe von Drittpersonen und von elektronischen Kommunikationsmitteln, insbesondere Telefon oder Internet.
3) Ort und Zeit der Prüfung sowie Überwachung des Kandidaten werden vom Vorsitzenden der Prüfungskommission angeordnet.
Art. 6
Befreiung von Prüfungen
Die Prüfungskommission befreit im Einzelfall auf Antrag von der Ablegung der schriftlichen Prüfung, wenn der Kandidat nachweist, dass er die Voraussetzungen für die Eintragung in die Liste der liechtensteinischen Rechtsanwälte (Art. 7 RAG) oder in die Liste der niedergelassenen europäischen Rechtsanwälte (Art. 60 RAG) erfüllt.
Art. 7
Prüfungsgebiete
1) Im Rahmen der schriftlichen Prüfung werden jene Rechtsgebiete geprüft, die für die Ausübung des Berufs als Notar erforderlich sind, insbesondere:
a) Beurkundungs- und Beglaubigungsrecht;
b) Zivilrecht;
c) Gesellschaftsrecht;
d) Verwaltungsrecht.
2) Die Prüfungskommission kann das Nähere über die Rechtsgebiete nach Abs. 1, insbesondere den Prüfungsstoff, in einer Wegleitung regeln.
3. Mündliche Prüfung
Art. 8
Durchführung
1) Die mündliche Prüfung findet frühestens einen Monat und spätestens zwei Monate nach Ablegung der schriftlichen Prüfung statt. Sie ist in Anwesenheit der gesamten Prüfungskommission abzulegen.
2) Die mündliche Prüfung für die Kandidaten, die von der Ablegung der schriftlichen Prüfung nach Art. 6 befreit sind, findet zeitgleich mit den sonstigen mündlichen Prüfungsterminen oder nach Bedarf im Frühjahr oder im Herbst statt. Im Übrigen findet Abs. 1 Satz 2 Anwendung.
3) Es können mehrere Kandidaten gleichzeitig zur mündlichen Prüfung zugelassen werden. Die Prüfungsdauer beträgt für jeden Kandidaten eine Stunde.
Art. 9
Prüfungsgebiete
1) Die mündliche Prüfung beschränkt sich im Wesentlichen auf die erforderlichen Kenntnisse für die praktische Ausübung des Berufs als Notar.
2) Gegenstand der mündlichen Prüfung sind insbesondere das Zivilrecht, das Gesellschaftsrecht, das Verwaltungsrecht sowie das Berufs- und Standesrecht der Notare. Hat der Kandidat eine schriftliche Prüfung abgelegt, kann er auch über diese befragt werden.
C. Auswertung der Prüfung
Art. 10
Grundsatz
1) Die schriftlichen Arbeiten sind unverzüglich vom Vorsitzenden dem sachbearbeitenden Kommissionsmitglied zur Begutachtung und Antragstellung zu übermitteln. Der Vorsitzende setzt die anderen Kommissionsmitglieder vor Abnahme der mündlichen Prüfung über die Begutachtung in Kenntnis und er hat die schriftlichen Arbeiten unter den Kommissionsmitgliedern zirkulieren zu lassen.
2) Über das Prüfergebnis entscheidet die Prüfungskommission mit einfacher Mehrheit. Der Kandidat wird zur mündlichen Prüfung nur zugelassen, wenn er entweder die schriftliche Prüfung bestanden hat oder von der Ablegung der schriftlichen Prüfung nach Art. 6 befreit wurde.
Art. 11
Entscheidung über das Prüfergebnis
1) Im Anschluss an die mündliche Prüfung entscheidet die Prüfungskommission über das Ergebnis der Prüfung und stellt aufgrund des Gesamteindrucks der erbrachten Leistungen mit Mehrheit fest, ob der Kandidat die Fähigkeit besitzt, den Beruf des Notars im Fürstentum Liechtenstein auszuüben.
2) Im Anschluss daran ist die Entscheidung der Prüfungskommission über das Ergebnis der Prüfung dem Kandidaten mündlich bekanntzugeben.
3) Ist die Notariatsprüfung bestanden, stellt die Prüfungskommission darüber eine Bestätigung aus.
D. Rücktritt, Nichterscheinen und Ausschluss
Art. 12
Rücktritt und Nichterscheinen
1) Der Kandidat kann bis zum zehnten Tag vor dem Prüfungstermin der schriftlichen oder mündlichen Prüfung beim Vorsitzenden der Prüfungskommission schriftlich seinen Rücktritt von der Prüfung bekannt geben.
2) Ein Rücktritt nach der in Abs. 1 genannten Frist oder ein Nichterscheinen zur Prüfung ist nur bei Vorliegen eines triftigen Grundes, insbesondere wegen Krankheit oder Unfall, möglich. Der triftige Grund ist dem Vorsitzenden der Prüfungskommission unverzüglich mitzuteilen. Dieser muss vom Kandidaten die Vorlage einer Bescheinigung, insbesondere eines Arztzeugnisses, verlangen. Die Prüfungskommission entscheidet, ob ein Grund als triftig anzusehen ist. Eine hohe oder erhöhte Arbeitsbelastung gilt nicht als triftiger Grund.
3) Im Fall des Vorliegens eines triftigen Grundes nach Abs. 2 ist der Kandidat zu einem späteren Prüfungstermin zur Ablegung der Prüfung neu zu laden.
4) Bei einem Rücktritt nach der in Abs. 1 genannten Frist oder einem Nichterscheinen zur Prüfung ohne triftigen Grund gilt die Prüfung als nicht bestanden.
5) Die Zulassungsgebühr wird nach Abzug einer Bearbeitungsgebühr von 150 Franken bei rechtzeitigem Rücktritt nach Abs. 1 oder bei Rücktritt oder Nichterscheinen aus triftigem Grund zurückerstattet. Bei einer erneuten Einreichung eines Antrages auf Zulassung zur Prüfung ist die gesamte Zulassungsgebühr zu entrichten.
Art. 13
Ausschluss
1) Versucht der Kandidat das Ergebnis einer Prüfung durch Täuschung oder Verwendung unerlaubter Hilfsmittel zu beeinflussen, so wird er von der Prüfungskommission von der weiteren Prüfung ausgeschlossen.
2) Der Kandidat kann auch bei sonstigen erheblichen Verstössen gegen diese Verordnung von der Prüfung ausgeschlossen werden.
3) Im Falle des Ausschlusses gilt die Prüfung als nicht bestanden.
4) Wird nachträglich festgestellt, dass die Voraussetzungen des Abs. 1 oder 2 vorliegen, so hat die Prüfungskommission die ergangene Prüfungsentscheidung zu widerrufen und auszusprechen, dass die Prüfung nicht bestanden ist. Der Widerruf ist ausgeschlossen, wenn seit der Beendigung der Prüfung mehr als drei Jahre vergangen sind.
E. Wiederholung der Prüfung
Art. 14
Grundsatz
1) Wird die schriftliche Prüfung nicht bestanden, so kann diese frühestens nach Ablauf eines Jahres wiederholt werden. Wird auch diese Prüfung nicht bestanden, so kann eine zweite und letzte Wiederholung der Notariatsprüfung frühestens nach Ablauf von drei Jahren nach der ersten Prüfung stattfinden.
2) Wird nur die mündliche Prüfung nicht bestanden, so muss nur diese wiederholt werden; eine Wiederholung dieser Prüfung hat beim nächsten Prüfungstermin zu erfolgen. Abs. 1 Satz 2 findet sinngemäss Anwendung.
F. Prüfungsorganisation
Art. 15
Ausstand, Ausschluss und Ablehnung
Über den Ausstand einzelner Kommissionsmitglieder sowie das Ausschluss- und Ablehnungsverfahren sind die Bestimmungen des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege (LVG) sinngemäss anzuwenden, wobei über jede Ablehnung eines Kommissionsmitglieds der Vorsitzende allein, wenn es den Vorsitzenden betrifft, die gesamte Prüfungskommission entscheidet.
Art. 16
Entschädigung
Die Entschädigung der Kommissionsmitglieder richtet sich nach dem Gesetz über die Bezüge der Mitglieder der Regierung und der Kommissionen sowie der nebenamtlichen Richter und der Ad-hoc-Richter.
III. Prüfungsgebühren
Art. 17
Grundsatz
1) Für die Ablegung der schriftlichen und mündlichen Notariatsprüfung erhebt die Prüfungskommission eine Prüfungsgebühr von je 400 Franken.
2) Die Prüfungsgebühren werden von der Landeskasse nach Durchführung der Prüfung in Rechnung gestellt.
IV. Schlussbestimmung
Art. 18
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2020 in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Adrian Hasler

Fürstlicher Regierungschef