152.20
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2024 Nr. 39 ausgegeben am 30. Januar 2024
Gesetz
vom 6. Dezember 2023
über die Abänderung des Ausländergesetzes
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:1
I.
Abänderung bisherigen Rechts
Das Gesetz vom 17. September 2008 über die Ausländer (Ausländergesetz; AuG), LGBl. 2008 Nr. 311, in der geltenden Fassung, wird wie folgt abgeändert:
Art. 12 Abs. 2
2) Die Erbringung einer grenzüberschreitenden Dienstleistung ist meldepflichtig. Die Meldung hat spätestens zwei Arbeitstage vor Erbringung der Dienstleistung beim Ausländer- und Passamt zu erfolgen.
Art. 71i Abs. 3
3) Das Ausländer- und Passamt nimmt die erforderlichen Abklärungen vor, wenn der Abgleich der Daten einer Person, die ein Gesuch um Erteilung eines Visums oder einer Kurzaufenthalts-, Aufenthalts-, Niederlassungs- oder Daueraufenthaltsbewilligung einreicht, mit der nationalen ETIAS-Überwachungsliste einen Treffer ergibt. Falls ein Risiko für die innere Sicherheit besteht, teilt das Ausländer- und Passamt dies innert sieben Tagen nach Erhalt der automatischen Meldung des C-VIS der zuständigen Behörde mit.
Art. 71l Abs. 2
2) Die folgenden Behörden oder Dritten können die Daten des ETIAS online abfragen:
a) das Ausländer- und Passamt:
1. zur Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in Liechtenstein;
2. zur Prüfung von Visumanträgen und zum Fällen der entsprechenden Entscheide im Sinne des Visakodex;
3. zur Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen in Liechtenstein und zum Fällen der entsprechenden Entscheide;
b) die Landespolizei: zur Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise und den Aufenthalt in Liechtenstein.
Art. 71n Bst. k
Die Regierung regelt mit Verordnung:
k) welche Behörde vom Ausländer- und Passamt nach Art. 71i Abs. 3 zu informieren ist;
Art. 74a Abs. 1, 1a, 2 Bst. a Ziff. 5 und Bst. c sowie Abs. 3 und 4
1) Das zentrale Visa-Informationssystem (C-VIS) enthält die Visadaten sowie die Daten der Aufenthaltstitel für Drittstaatsangehörige, die von allen Staaten erhoben werden, für welche die Verordnung (EG) Nr. 767/20082 in Kraft ist.
1a) Die Identitätsdaten von Personen, die ein Gesuch um Erteilung eines Visums oder eines Aufenthaltstitels einreichen, die Daten zu den Reisedokumenten und die biometrischen Daten des C-VIS werden automatisiert im CIR gespeichert.
2) Folgende Behörden oder Dritte können die Daten des C-VIS online abfragen:
a) das Ausländer- und Passamt:
5. zur Ausstellung von Kurzaufenthalts-, Aufenthalts-, Daueraufenthalts- und Niederlassungsbewilligungen;
c) die zentrale Zugangsstelle nach Art. 74e Bst. c: zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 767/2008.
3) Die Einheiten der Landespolizei, die zur Verhütung und Bekämpfung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten zuständig sind, können im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 bei der zentralen Zugangsstelle nach Art. 74e Bst. c bestimmte Daten des C-VIS beantragen.
4) Die Einheiten der Landespolizei nach Abs. 3 können zur Feststellung der Identität von Personen, die Opfer von Menschenhandel, von Unfällen oder von Naturkatastrophen sind, und von vermissten Personen nach Art. 22p der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 online auf das C-VIS zugreifen.
Art. 74b Abs. 1, 2 Bst. b und d sowie Abs. 3 und 4
1) Das Ausländer- und Passamt betreibt ein nationales Visumsystem. Das System dient der Registrierung von Visumgesuchen und der Ausstellung der von Liechtenstein erteilten Visa. Es enthält insbesondere die Daten, die automatisch über die nationale Schnittstelle (N-VIS) an das C-VIS und vom C-VIS an das nationale Visumsystem übermittelt werden.
2) Das nationale Visumsystem enthält folgende Kategorien von Daten über die Visumgesuchsteller:
b) das Gesichtsbild und die Fingerabdrücke des Gesuchstellers;
d) die Daten aus dem SIS, auf welche die Visumbehörden Zugriff haben, sofern eine Ausschreibung nach der Verordnung (EU) 2018/1861 und der Verordnung (EU) 2018/1860 vorliegt.
3) Das Ausländer- und Passamt darf Daten im nationalen Visumsystem verarbeiten, insbesondere eingeben, ändern, löschen oder abfragen, um seine Aufgaben im Rahmen des Visumverfahrens zu erfüllen.
4) Das Ausländer- und Passamt muss die Daten der Visumgesuchsteller, die an das C-VIS übermittelt werden, nach Massgabe der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 eingeben und verarbeiten.
Art. 74d bis
Nationale VIS-Stelle
1) Die nationale Stelle nach Art. 9d der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 führt innert zwei Arbeitstagen die manuelle Verifizierung der Treffer im Polizeibereich zu Personen durch, die ein Gesuch um Erteilung eines Visums oder einer Kurzaufenthalts-, Aufenthalts-, Daueraufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung einreichen.
2) Die nationale Stelle kann bei der Landespolizei oder bei einer anderen Behörde weitere Informationen zur betreffenden Person einholen. Kommt es nach der Verifizierung zum Schluss, dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit besteht, informiert es innert sieben Tagen nach Erhalt der automatischen Meldung des C-VIS die für die Visa oder für den Aufenthalt zuständigen Behörden in einer begründeten Stellungnahme darüber.
3) Bei falschen Treffern werden die Daten unverzüglich gelöscht.
Art. 74d ter
Verwendung von Daten des C-VIS im Rahmen des SIS
1) Die für die Ausschreibung von vermissten oder schutzbedürftigen Personen nach Art. 32 der Verordnung (EU) 2018/18623 zuständigen Behörden können zur Erfüllung dieser Aufgabe bei der zentralen Zugangsstelle nach Art. 74e Bst. c die betreffenden Personendaten des C-VIS anfordern.
2) Bei Treffern in Bezug auf Ausschreibungen im SIS, die sich durch die Verwendung von Daten des C-VIS nach Abs. 1 ergeben, können das Amt für Soziale Dienste sowie die Gerichte und die Staatsanwaltschaft die Daten des C-VIS, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen, beim Ausländer- und Passamt anfordern.
Art. 74d quater
Übermittlung von Daten des C-VIS an Dritte
1) Die im C-VIS gespeicherten Daten dürfen nicht an Drittstaaten, internationale Organisationen, private Stellen oder natürliche Personen übermittelt werden.
2) Das Ausländer- und Passamt kann diese Daten jedoch an einen Staat, der nicht an den Schengen-Besitzstand gebunden ist, oder an eine internationale Organisation übermitteln, wenn die Daten zur Feststellung der Identität von rückkehrpflichtigen Drittstaatsangehörigen oder im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 32 Abs. 5 oder Art. 46 des Asylgesetzes benötigt werden und die Voraussetzungen nach Art. 31 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 erfüllt sind.
3) Die Behörden nach Art. 74a Abs. 3 können diese Daten an einen Staat, der nicht an den Schengen-Besitzstand gebunden ist, oder an eine internationale Organisation übermitteln, wenn es sich um dringende Ausnahmefälle handelt, in denen eine unmittelbar bevorstehende Gefahr im Zusammenhang mit einer terroristischen Straftat oder eine unmittelbar drohende Lebensgefahr im Zusammenhang mit einer schweren Straftat besteht im Sinne von Art. 31 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 767/2008.
Art. 74e Bst. c und l bis n
Die Regierung regelt mit Verordnung:
c) welche Einheit der Landespolizei die Funktion der zentralen Zugangsstelle nach Art. 22l Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 übernimmt;
l) welche Behörde oder Behörden die Funktion der nationalen VIS-Stelle nach Art. 9d der Verordnung (EG) Nr. 767/2008 übernehmen;
m) die Einschränkungen der Informationspflicht in Bezug auf Stellungnahmen der nationalen VIS-Stelle oder der nationalen ETIAS-Stelle betreffend die innere Sicherheit;
n) welche Daten bei einem Antrag für ein Visum für einen längerfristigen Aufenthalt oder bei einem Verfahren zur Erteilung einer Kurzaufenthalts-, Aufenthalts-, Daueraufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung automatisch an das C-VIS übermittelt werden.
Art. 74g
Zugang zu Daten des Eurodac im Rahmen des Visumverfahrens
Das Ausländer- und Passamt kann die Daten des Eurodac online im Rahmen des Visumverfahrens im Sinne von Art. 22a der Verordnung (EU) Nr. 603/20134 abfragen.
Art. 76d Abs. 1a
1a) Das Ausländer- und Passamt kann zudem für die Zwecke nach Abs. 1 auf die im CIR gespeicherten Daten und Verweise zugreifen, wenn eine Verknüpfung mit einem persönlichen Dossier im C-VIS betreffend die Erteilung eines Aufenthaltstitels vorliegt.
II.
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Kundmachung in Kraft und findet erstmals im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des VIS nach Massgabe von Art. 11 der Verordnung (EU) 2021/11345 - frühestens jedoch ab Inkrafttreten dieses Gesetzes - Anwendung.

In Stellvertretung des Landesfürsten:

gez. Alois

Erbprinz

gez. Dr. Daniel Risch

Fürstlicher Regierungschef

1   Bericht und Antrag sowie Stellungnahme der Regierung Nr. 78/2023 und 119/2023

2   Verordnung (EG) Nr. 767/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 über das Visa-Informationssystem (VIS) und den Datenaustausch zwischen den Mitgliedstaaten über Visa für einen kurzfristigen Aufenthalt (VIS-Verordnung) (ABl. L 218 vom 13.8.2008, S. 60).

3   Verordnung (EU) 2018/1862 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. November 2018 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des Schengener Informationssystems (SIS) im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses 2007/533/JI des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1986/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und des Beschlusses 2010/261/EU der Kommission (ABl. L 312 vom 7.12.2018, S. 56).

4   Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Einrichtung von Eurodac für den Abgleich von Fingerabdruckdaten zum Zwecke der effektiven Anwendung der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist und über der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung dienende Anträge der Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten und Europols auf den Abgleich mit Eurodac-Daten sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1077/2011 zur Errichtung einer Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Grosssystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 1).

5   Verordnung (EU) 2021/1134 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. Juli 2021 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 767/2008, (EG) Nr. 810/2009, (EU) 2016/399, (EU) 2017/2226, (EU) 2018/1240, (EU) 2018/1860, (EU) 2018/1861, (EU) 2019/817 und (EU) 2019/1896 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Entscheidung 2004/512/EG und des Beschlusses 2008/633/JI des Rates zur Reform des Visa-Informationssystems (ABl. L 248 vom 13.7. 2021, S. 11).