841 |
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt |
Jahrgang 2000
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Nr. 202
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ausgegeben am 6. November 2000
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Gesetz
vom 13. September 2000
über Mietbeiträge für Familien
Dem nachstehenden vom Landtag gefassten Beschluss erteile Ich Meine Zustimmung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Grundsatz
1) Der Staat gewährt im Rahmen dieses Gesetzes Mietbeiträge für Familien im Hinblick auf die Finanzierung des Eigenbedarfes und den dauernden Wohnsitz in Liechtenstein.
1
2) Ein Anspruch auf Mietbeiträge besteht nur für Mieter gemäss Art. 3 Abs. 1, wenn das Haushaltseinkommen unter einem bestimmten Höchstbetrag bleibt, der sich nach der Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen richtet.
3) Das vorliegende Gesetz geht dem Sozialhilfegesetz insoweit vor, als Sozialhilfe erst im Anschluss an die Überprüfung der Anspruchsberechtigung gemäss dem Gesetz über Mietbeiträge für Familien und unter Berücksichtigung des gegebenenfalls gewährten Mietbeitrages ausgerichtet wird.
Art. 2
Zuständigkeit
1) Über die Ausrichtung von Mietbeiträgen entscheidet auf Antrag das Amt für Wohnungswesen.
2) Die Gemeinden und das Amt für Soziale Dienste wirken bei der Gewährung von Mietbeiträgen mit.
3) Das Amt für Wohnungswesen stellt dem Amt für Soziale Dienste auf Anfrage sämtliche Unterlagen im Hinblick auf die Beurteilung von Gesuchen zur Ausrichtung von Sozialhilfeleistungen zur Verfügung.
III. Kriterien für die Gewährung von Mietbeiträgen
Art. 3
Bezügerkreis
1) Anspruchsberechtigte Mieter gemäss Art. 1 Abs. 1 sind Familien mit unterhaltsabhängigen Kindern (einschliesslich der im gleichen Haushalt lebenden Eltern und unterhaltsabhängigen Personen), die ihren zivilrechtlichen Wohnsitz seit mindestens einem Jahr in Liechtenstein haben und die Voraussetzungen gemäss den nachstehenden Bestimmungen erfüllen.
2) Alleinerziehende mit unterhaltsabhängigen Kindern gelten als Familien.
Art. 4
Voraussetzungen
1) Mietbeiträge werden ausgerichtet, wenn es sich bei dem vom Antragsteller bewohnten Objekt um Wohnraum handelt, welcher den Wohnbedürfnissen des Antragstellers und der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen sowie in Bezug auf die Grösse und den Ausbau den anerkannten Standards entspricht.
2) Das Amt für Wohnungswesen kann in Ausnahmefällen befristet Mietbeiträge ausrichten, wenn zum gegebenen Zeitpunkt kein anderer Wohnraum im Sinne von Abs. 1 zur Verfügung steht.
3) Antragsteller haben in diesem Fall dem Amt für Wohnungswesen auf Verlangen den Nachweis zu erbringen, dass sie sich bemüht haben, ihren Bedürfnissen entsprechenden Wohnraum zu finden. Wird dieser Nachweis nicht erbracht, wird der Mietbeitrag nicht ausgerichtet.
4) Die Regierung erlässt in einer Verordnung die näheren Bestimmungen in Bezug auf die Grösse und den Ausbaustandard von Wohnraum gemäss Abs. 1.
Art. 5
Einkommensgrenze
1) Mietbeiträge werden ausgerichtet, wenn das Haushaltseinkommen die in Abs. 2 bestimmten Höchstgrenzen nicht überschreitet.
2) Das jährliche Haushaltseinkommen darf nachstehende Höchstgrenze nicht überschreiten:
2
Anzahl Personen:
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Einkommensgrenze in Franken:
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2
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55 000
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3
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65 000
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4
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70 000
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5
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75 000
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6 und mehr
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80 000
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3) Das Einkommen setzt sich zusammen aus dem steuerpflichtigen Erwerb, allen sonstigen Einkünften, wie insbesondere die monatlichen Leistungen gemäss Gesetz über die Familienzulagen, sowie einem Zwanzigstel des zu versteuernden Reinvermögens (ohne Grundeigentum und hypothekarische Belastungen) und einem Zwanzigstel des in einem von der Regierung festzulegenden Verfahren ermittelten Schätzwertes des Grundeigentums (abzüglich der hypothekarischen Belastung), welches sich im Eigentum des Antragstellers oder der im gleichen Haushalt lebenden Personen befindet.
4) Zum Einkommen gemäss Abs. 3 zählt das Einkommen aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen. Bei unterhaltspflichtigen Antragstellern werden familienrechtlich geschuldete Unterhaltsbeiträge für nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen in Höhe der effektiv geleisteten Zahlungen in Abzug gebracht. Bei Unterhaltspflichten gegenüber Kindern des Antragstellers ist ein Abzug bis zur Höhe der maximal möglichen Waisenrente und bei Unterhaltspflichten gegenüber dem geschiedenen oder getrennten Ehegatten ein solcher bis zur Höhe der maximal möglichen Verwitwetenrente gemäss dem Gesetz über die Alters- und Hinterlassenenversicherung möglich, wobei das Weihnachtsgeld der Alters- und Hinterlassenenversicherung nicht mitgerechnet wird.
5) Die Regierung kann mit Verordnung die Einkommensgrenzen gemäss Abs. 2 der Teuerung anpassen, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise um mehr als 3 % angestiegen ist.
3
Art. 6
Höhe der Mietbeiträge
1) Die Höhe des monatlichen Mietbeitrages wird im Sinne von Art. 5 je nach dem Haushaltseinkommen gestaffelt gemäss Anhang zu diesem Gesetz festgelegt. Die Höhe des Mietbeitrages darf höchstens 75 % der Miet- und Mietnebenkosten betragen.
2) Die Höhe der Mietbeiträge kann bei geänderten Verhältnissen auf Antrag jederzeit angepasst werden. Eine geänderte Auszahlung erfolgt ab dem Beginn des der Antragstellung folgenden Monats.
3) Die Regierung kann mit Verordnung die Mietbeiträge gemäss Abs. 1 der Teuerung anpassen, wenn der Landesindex der Konsumentenpreise um mehr als 3 % angestiegen ist.
4
Art. 7
Dauer und Auflagen
Die Mietbeiträge werden grundsätzlich unbefristet ausgerichtet. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen in Art. 4 Abs. 2 und 3 sowie Art. 8.
Art. 8
Einstellung und Rückforderung von Mietbeiträgen
1) Der Anspruch auf Mietbeiträge erlischt bei Wegfall der gesetzlichen Voraussetzungen, insbesondere wenn
a) kein Mietvertrag besteht;
b) keine Mietzahlungen mehr geleistet werden;
c) der gemietete Wohnraum nicht bestimmungsgemäss im Sinne von Art. 4 benützt wird;
d) die übrigen Voraussetzungen dieses Gesetzes, so insbesondere auch die Voraussetzungen gemäss Art. 5, nicht erfüllt sind.
2) Mietbeiträge, die zu Unrecht bezogen wurden, sind vom Amt für Wohnungswesen einschliesslich des für die Dauer der Ausrichtung der Wohnbeihilfen gültigen variablen Hypothekarzinssatzes für Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen der Liechtensteinischen Landesbank AG zurückzufordern.
3) Rückerstattungsforderungen können auch mit allfälligen laufenden oder geschuldeten Mietbeiträgen verrechnet werden.
4) Die Rückerstattungsforderung verjährt mit dem Ablauf von fünf Jahren nach Erlass der Verfügung zur Einstellung der Leistungen.
Art. 9
Wohnungswechsel
Bezüger von Mietbeiträgen haben das Amt für Wohnungswesen vor einem Wohnungswechsel in Kenntnis zu setzen.
Art. 10
5
Kostenaufteilung
Aufgehoben
IV. Verfahrensvorschriften
Art. 11
Antragstellung und Entscheidung
1) Der Antrag auf Ausrichtung von Mietbeiträgen ist beim Amt für Wohnungswesen einzureichen. Er ist von beiden Ehegatten oder von der alleinerziehenden Person zu unterzeichnen.
2) Dem Antrag sind der Nachweis über das Einkommen gemäss Art. 5 aller im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen sowie der Mietvertrag mit Angaben über die Miet- und Mietnebenkosten sowie die Grösse der Wohnung beizufügen. Ebenso ist die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen anzugeben.
3) Über die Gewährung von Mietbeiträgen entscheidet das Amt für Wohnungswesen.
Art. 12
Anspruchsbeginn und Auszahlung
1) Der Anspruch auf Mietbeiträge entsteht ab dem Beginn des Monats der Antragstellung beim Amt für Wohnungswesen und setzt den Bezug der entsprechenden Wohnung durch den Antragsteller voraus.
2) Die Auszahlung der Mietbeiträge erfolgt monatlich im Nachhinein.
Art. 13
Auskunftserteilung und Meldepflicht
1) Bezüger von Mietbeiträgen haben gegenüber dem Amt für Wohnungswesen jede zweckdienliche Auskunft zu erteilen.
2) Von jeder Änderung der persönlichen und von jeder ins Gewicht fallenden Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Anspruchsberechtigten hat dieser dem Amt für Wohnungswesen unverzüglich Mitteilung zu machen.
Art. 14
Jährliche Überprüfung
1) Die persönlichen und finanziellen Voraussetzungen der Bezüger von Mietbeiträgen sind vom Amt für Wohnungswesen jährlich zu überprüfen.
2) Hierzu sind dem Amt für Wohnungswesen durch die Bezüger volle Akteneinsicht und alle Informationen, die zur Kontrolle nötig sind, zu gewähren.
Art. 15
Verwaltungshilfe
Die Gerichtsbehörden, die Verwaltungsbehörden des Landes und der Gemeinden sowie die öffentlich-rechtlichen Anstalten sind verpflichtet, dem Amt für Wohnungswesen auf Verlangen die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Auskünfte gebührenfrei zu erteilen.
Art. 15a
6
Datenbearbeitung und -bekanntgabe
1) Das Amt für Wohnungswesen ist befugt, die Personendaten, einschliesslich besonders schützenswerter Personendaten über Massnahmen der sozialen Hilfe sowie Persönlichkeitsprofile, zu bearbeiten, die notwendig sind, um die ihm nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben zu erfüllen.
2) Das Amt für Wohnungswesen darf dem Amt für Soziale Dienste auf Anfrage Daten bekannt geben, soweit diese Daten für die Erfüllung einer ihm durch Gesetz übertragenen Aufgabe erforderlich sind. Die Bekanntgabe kann im Abrufverfahren erfolgen.
3) Die Regierung regelt die Einzelheiten mit Verordnung.
Art. 16
1) Gegen Entscheidungen des Amtes für Wohnungswesen kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde an die Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten eingereicht werden.
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2) Gegen Entscheidungen der Beschwerdekommission für Verwaltungsangelegenheiten kann binnen 14 Tagen ab Zustellung Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.
9
Art. 17
Durchführungsverordnung
Die Regierung erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes notwendigen Verordnungen.
Art. 18
Umbenennung der Beratungsstelle für Wohnbauförderung
1) Die Beratungsstelle für Wohnbauförderung wird in Amt für Wohnungswesen umbenannt.
2) In Gesetzen und Verordnungen wird die Bezeichnung "Beratungs-stelle für Wohnbauförderung" durch die Bezeichnung "Amt für Wohnungswesen" ersetzt.
Art. 19
Aufhebung bisherigen Rechts
Art. 6 Abs. 1 des Gesetzes vom 30. Juni 1977 zur Förderung des Wohnungsbaues, LGBl. 1977 Nr. 46, in der Fassung des Gesetzes vom 26. März 1992, LGBl. 1992 Nr. 38, wird aufgehoben.
Art. 20
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 1. April 2001 in Kraft.
gez. Hans-Adam
gez. Dr. Mario Frick
Fürstlicher Regierungschef
(Art. 6 Abs. 1)
Mietbeiträge (in CHF) pro Monat
maximales Bruttoeinkommen gemäss Art. 5
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Zahl der im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen gemäss Art. 3
|
jährlich
|
2
|
3
|
4
|
5
|
6 (maximal)
|
35 000
|
760
|
980
|
1 140
|
1 250
|
1 300
|
40 000
|
650
|
870
|
1 030
|
1 140
|
1 200
|
45 000
|
550
|
760
|
920
|
1 030
|
1 090
|
50 000
|
440
|
650
|
820
|
920
|
980
|
55 000
|
220
|
550
|
710
|
820
|
870
|
60 000
|
|
440
|
600
|
710
|
760
|
65 000
|
|
220
|
490
|
600
|
650
|
70 000
|
|
|
270
|
490
|
550
|
75 000
|
|
|
|
270
|
440
|
80 000
|
|
|
|
|
220
|
1
Art. 1 Abs. 1 abgeändert durch
LGBl. 2005 Nr. 239.
2
Art. 5 Abs. 2 abgeändert durch
LGBl. 2009 Nr. 28.
3
Art. 5 Abs. 5 eingefügt durch
LGBl. 2009 Nr. 28.
4
Art. 6 Abs. 3 abgeändert durch
LGBl. 2009 Nr. 28.
5
Art. 10 aufgehoben durch
LGBl. 2005 Nr. 239.
6
Art. 15a eingefügt durch
LGBl. 2009 Nr. 34.
7
Art. 16 Sachüberschrift abgeändert durch
LGBl. 2001 Nr. 136.
8
Art. 16 Abs. 1 abgeändert durch
LGBl. 2001 Nr. 136.
9
Art. 16 Abs. 2 abgeändert durch
LGBl. 2001 Nr. 136 und
LGBl 2004 Nr. 33.
10
Art. 45 aufgehoben durch
LGBl. 2001 Nr. 136.
11
Anhang abgeändert durch
LGBl. 2009 Nr. 28.