0.311.551
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2017 Nr. 3 ausgegeben am 17. Januar 2017
Zusatzprotokoll
zum Strafrechtsübereinkommen über Korruption1
Abgeschlossen in Strassburg am 15. Mai 2003
Zustimmung des Landtags: 28. September 20162
Inkrafttreten für das Fürstentum Liechtenstein: 1. April 2017
Die Mitgliedstaaten des Europarats und die anderen Unterzeichnerstaaten dieses Protokolls,
in der Erwägung, dass es wünschenswert ist, das Strafrechtsübereinkommen über Korruption (SEV Nr. 173, im Folgenden als "das Übereinkommen" bezeichnet) zwecks Verhütung und Bekämpfung der Korruption zu ergänzen;
in der Erwägung gleichfalls, dass dieses Protokoll zu einer grösseren Umsetzung des Aktionsprogramms von 1996 gegen Korruption beiträgt,
sind wie folgt übereingekommen:
Kapitel I
Begriffsbestimmungen
Art. 1
Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Protokolls:
1. wird der Ausdruck "Schiedsrichter" entsprechend dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien dieses Protokolls ausgelegt, wobei er aber in jedem Fall eine Person umfasst, die auf Grund einer Schiedsvereinbarung angerufen wird, eine rechtlich bindende Entscheidung in einer ihr von den Parteien dieser Vereinbarung vorgelegten Rechtsstreitigkeit zu treffen;
2. gilt als "Schiedsvereinbarung" eine nach dem innerstaatlichen Recht anerkannte Vereinbarung, mit der die Parteien übereinkommen, eine Rechtsstreitigkeit einem Schiedsrichter zwecks Entscheidung vorzulegen;
3. wird der Ausdruck "Schöffe" entsprechend dem innerstaatlichen Recht der Vertragsparteien dieses Protokolls ausgelegt, wobei er aber in jedem Fall einen Laien umfasst, der als Angehöriger eines Kollegialorgans tätig ist, welches dafür verantwortlich ist, im Rahmen eines Gerichtsverfahrens über die Schuld eines Angeklagten zu entscheiden;
4. kann der verfolgende Staat im Falle von Verfahren unter Mitwirkung eines ausländischen Schiedsrichters oder Schöffen die Bestimmung des Begriffs "Schiedsrichter" oder "Schöffe" nur insoweit anwenden, als sie mit seinem innerstaatlichen Recht vereinbar ist.
Kapitel II
Innerstaatlich zu treffende Massnahmen
Art. 2
Aktive Bestechung inländischer Schiedsrichter
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Versprechen, Anbieten oder Gewähren eines unbilligen Vorteils an einen Schiedsrichter, der seine Aufgaben nach Massgabe des innerstaatlichen Schiedsrechts dieser Partei wahrnimmt, für diesen selbst oder für einen Dritten, damit er in Ausübung seiner Funktion eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Art. 3
Passive Bestechung inländischer Schiedsrichter
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich begangen, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben: das unmittelbare oder mittelbare Fordern oder Annehmen eines unbilligen Vorteils oder das Annehmen des Angebots oder Versprechens eines solchen Vorteils durch einen Schiedsrichter, der seine Aufgaben nach Massgabe des innerstaatlichen Schiedsrechts dieser Partei wahrnimmt, für diesen selbst oder für einen Dritten, damit er in Ausübung seiner Funktion eine Handlung vornimmt oder unterlässt.
Art. 4
Bestechung ausländischer Schiedsrichter
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um die in den Art. 2 und 3 genannten Handlungen, wenn ein Schiedsrichter beteiligt ist, der seine Aufgaben nach Massgabe des innerstaatlichen Schiedsrechts eines anderen Staates wahrnimmt, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 5
Bestechung inländischer Schöffen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um die in den Art. 2 und 3 genannten Handlungen, wenn eine Person beteiligt ist, welche ihre Aufgabe als Schöffe im Gerichtswesen wahrnimmt, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Art. 6
Bestechung ausländischer Schöffen
Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen Massnahmen, um die in den Art. 2 und 3 genannten Handlungen, wenn eine Person beteiligt ist, welche ihre Aufgabe als Schöffe im Gerichtswesen eines anderen Staates wahrnimmt, nach ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben.
Kapitel III
Überwachung der Durchführung und Schlussbestimmungen
Art. 7
Überwachung der Durchführung
Die Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) überwacht die Durchführung dieses Protokolls durch die Vertragsparteien.
Art. 8
Verhältnis zu dem Übereinkommen
1) Die Vertragsparteien erachten die Art. 2 bis 6 dieses Protokolls als Zusatzartikel zu dem Übereinkommen.
2) Die Bestimmungen des Übereinkommens sind anwendbar, insoweit sie mit den Bestimmungen dieses Protokolls vereinbar sind.
Art. 9
Erklärungen und Vorbehalte
1) Hat eine Vertragspartei eine Erklärung gemäss Art. 36 des Übereinkommens abgegeben, kann sie bei der Unterzeichnung oder Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde eine gleichartige Erklärung zu den Art. 4 und 6 dieses Protokolls abgeben.
2) Hat eine Vertragspartei einen Vorbehalt gemäss Art. 37 Abs. 1 des Übereinkommens abgegeben, mit dem die Anwendung der in Art. 5 des Übereinkommens bezeichneten Straftaten der passiven Bestechung begrenzt wird, kann sie bei der Unterzeichnung oder Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einen gleichartigen Vorbehalt zu den Art. 4 und 6 dieses Protokolls abgeben. Jeder andere von einer Vertragspartei gemäss Art. 37 des Übereinkommens abgegebene Vorbehalt ist ebenfalls auf dieses Protokoll anwendbar, sofern diese Partei bei der Unterzeichnung oder Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde nichts Gegenteiliges erklärt.
3) Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.
Art. 10
Unterzeichnung und Inkrafttreten
1) Dieses Protokoll liegt für die Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens zur Unterzeichnung auf. Diese können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken:
a) indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen; oder
b) indem sie es unter Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.
2) Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarates hinterlegt.
3) Dieses Protokoll tritt, am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Staaten ihre Zustimmung nach den Abs. 1 und 2 ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein, und frühestens nach Inkrafttreten des Übereinkommens.
4) Für jeden Unterzeichnerstaat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch das Protokoll gebunden zu sein, tritt dieses am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem er nach den Abs. 1 und 2 seine Zustimmung ausgedrückt hat, durch das Protokoll gebunden zu sein.
5) Ein Unterzeichnerstaat kann dieses Protokoll nicht ratifizieren, annehmen oder genehmigen, ohne gleichzeitig oder vorher seine Zustimmung auszudrücken, durch das Übereinkommen gebunden zu sein.
Art. 11
Beitritt zum Protokoll
1) Jeder Staat oder die Europäische Gemeinschaft, die dem Übereinkommen beigetreten ist, kann diesem Protokoll nach dessen Inkrafttreten beitreten.
2) Für die Europäische Gemeinschaft und jeden dem Protokoll beigetretenen Staat tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem die an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Beitrittsurkunde hinterlegt worden ist.
Art. 12
Räumlicher Geltungsbereich
1) Jeder Staat oder die Europäische Gemeinschaft kann bei der Unterzeichnung oder Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Protokoll Anwendung findet.
2) Jede Vertragspartei kann danach jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Protokolls auf jedes weitere in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken, für dessen internationale Beziehungen die Partei verantwortlich ist oder zu Gunsten dessen sie befugt ist, Vereinbarungen zu treffen. Das Protokoll tritt bezüglich dieses Hoheitsgebiets am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem diese Erklärung beim Generalsekretär eingegangen ist.
3) Jede nach den Abs. 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes in der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär des Europarates folgt.
Art. 13
Kündigung
1) Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll jederzeit durch eine an den Generalsekretär des Europarates gerichtete Notifikation kündigen.
2) Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.
3) Jede Kündigung des Übereinkommens bewirkt automatisch die Kündigung dieses Protokolls.
Art. 14
Notifikation
Der Generalsekretär des Europarates notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarates und jedem Staat oder der Europäischen Gemeinschaft, die diesem Protokoll beigetreten sind:
a) jede Unterzeichnung dieses Protokolls;
b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde;
c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach den Art. 10, 11 und 12;
d) jede Erklärung oder jeden Vorbehalt nach den Art. 9 und 12;
e) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Protokoll.
Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
Geschehen zu Strassburg am 15. Mai 2003 in französischer und englischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarates hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarates übermittelt allen Unterzeichnerstaaten sowie allen dem Protokoll beitretenden Staaten beglaubigte Abschriften.
(Es folgen die Unterschriften)
Geltungsbereich des Protokolls
am 1. April 2017
Vertragsparteien
Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde
Albanien
15.11.2004
Andorra
20.02.2015
Armenien
09.01.2006
Aserbaidschan*
03.04.2013
Belarus
02.02.2015
Belgien
26.02.2009
Bosnien und Herzegowina
07.09.2011
Bulgarien
04.02.2004
Dänemark*
16.11.2005
Finnland
24.06.2011
Frankreich
25.04.2008
Georgien
10.01.2014
Griechenland
10.07.2007
Irland
11.07.2005
Island
06.03.2013
Kroatien
10.05.2005
Lettland
27.07.2006
Liechtenstein
09.12.2016
Litauen
26.07.2012
Luxemburg
13.07.2005
Malta
01.07.2014
Mazedonien
14.11.2005
Moldau
22.08.2007
Monaco
10.07.2013
Montenegro
17.03.2008
Niederlande*
16.11.2005
Norwegen
02.03.2004
Österreich
13.12.2013
Polen
30.04.2014
Portugal
12.03.2015
Rumänien
29.11.2004
San Marino
30.08.2016
Schweden*
25.06.2004
Schweiz*
31.03.2006
Serbien
09.01.2008
Slowakei
07.04.2005
Slowenien
11.10.2004
Spanien*
17.01.2011
Türkei
16.12.2014
Ukraine*
27.11.2009
Ungarn
27.02.2015
Vereinigten Königreich
09.12.2003
Zypern
21.11.2006
* Vorbehalte und Erklärungen
Die Vorbehalte und Erklärungen werden im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte sowie eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereichs können auf der Internetseite des Europarates: http://conventions.co.int eingesehen werden.

1   Übersetzung des französischen Originaltextes.

2   Bericht und Antrag der Regierung Nr. 110/2016