783.01
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2023 Nr. 165 ausgegeben am 25. April 2023
Verordnung
vom 18. April 2023
über Postdienste und Paketzustelldienste (Postdienste- und Paketzustelldiensteverordnung; PPV)
Aufgrund von Art. 5 Abs. 4, Art. 6 Abs. 2, Art. 7 Abs. 3, Art. 8 Abs. 4, Art. 9 Abs. 2, Art. 10 Abs. 3, Art. 11 Abs. 3, Art. 12, 17 Abs. 7 und Art. 18 Abs. 3 des Gesetzes vom 2. März 2023 über Postdienste und Paketzustelldienste (Postdienste- und Paketzustelldienstegesetz; PPG), LGBl. 2023 Nr. 151, verordnet die Regierung:
I. Allgemeine Bestimmungen
Art. 1
Gegenstand
1) Diese Verordnung regelt in Durchführung des Gesetzes das Nähere über die Postdienste und Paketzustelldienste, insbesondere:
a) die Rechte und Pflichten der Postdiensteanbieter;
b) den Zugang zu Adressdaten und Zugangspunkten;
c) den Umfang und die Qualität sowie die Kosten und Ausgleichsleistungen des Universaldienstes;
d) die Hausbriefkästen und Hausbriefkastenanlagen.
2) Sie dient der Umsetzung bzw. Durchführung folgender EWR-Rechtsvorschriften:
a) Richtlinie 97/67/EG über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstqualität1;
b) Verordnung (EU) 2018/644 über grenzüberschreitende Paketzustelldienste2. 3
3) Die gültige Fassung der EWR-Rechtsvorschriften nach Abs. 2 ergibt sich aus der Kundmachung der Beschlüsse des Gemeinsamen EWR-Ausschusses im Liechtensteinischen Landesgesetzblatt nach Art. 3 Bst. k des Kundmachungsgesetzes.
Art. 2
Begriffsbestimmungen und Bezeichnungen
1) Im Sinne dieser Verordnung gelten als:
a) "Endvergütungen": die Vergütungen, die dem Universaldiensteanbieter für die Zustellung eingehender grenzüberschreitender Postsendungen aus einem anderen EWR-Mitgliedsstaat oder einem Drittstaat zustehen;
b) "Postfachanlage": Einrichtung für die Zustellung von Postsendungen, zu der nur der Betreiber der Einrichtung und der Inhaber des jeweiligen Postfachs Zugang haben;
c) "Werktage": mindestens fünf Arbeitstage pro Woche.
2) Im Übrigen finden die Begriffsbestimmungen der anwendbaren EWR-Rechtsvorschriften, insbesondere der Richtlinie 97/67/EG und der Verordnung (EU) 2018/644, ergänzend Anwendung.
3) Unter den in dieser Verordnung verwendeten Personen- und Funktionsbezeichnungen sind Angehörige des weiblichen und männlichen Geschlechts zu verstehen.
II. Rechte und Pflichten der Postdiensteanbieter
Art. 3
Meldepflicht
Die Erbringung von Postdiensten ist bis zum Zeitpunkt des Eingangs der ordnungsgemässen Meldung bei der Regulierungsbehörde untersagt.
Art. 4
Meldebestätigung
Jedem Postdiensteanbieter, der die Meldepflicht nach Art. 5 des Gesetzes ordnungsgemäss erfüllt hat, ist von der Regulierungsbehörde auf Antrag eine Meldebestätigung auszustellen, aus der Art und Umfang seiner meldepflichtigen Tätigkeiten hervorgehen.
Art. 5
Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten
Postdiensteanbieter, die Dienste im Inland erbringen und keine inländische Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes haben, müssen anlässlich der Meldung nach Art. 5 des Gesetzes einen Zustellungsbevollmächtigten im Inland namhaft machen und während der gesamten Dauer der Ausübung ihrer Tätigkeit über einen solchen verfügen.
Art. 6
Dienstebeschreibung
Die Beschreibung der angebotenen Dienste nach Art. 5 Abs. 2 Bst. d des Gesetzes umfasst detaillierte Angaben zu:
a) dem Produktebereich (z.B. Briefsendung, Paket);
b) den Leistungen (Annahme, Abholung, Sortierung, Transport, Zustellung);
c) den betrieblichen Einrichtungen (z.B. Betrieb einer Annahmestelle, regelmässiger mobiler Abhol- oder Zustelldienst).
Art. 7 4
Anzeige und Veröffentlichung von Informationen
Postdiensteanbieter haben der Regulierungsbehörde die Informationen nach Art. 6 Abs. 1 Bst. b des Gesetzes sowie jede Änderung derselben in einer von der Regulierungsbehörde vorgegebenen Form vor ihrer Veröffentlichung anzuzeigen. Die Veröffentlichung der Informationen hat in elektronischer Form auf der Internetseite des Postdiensteanbieters zu erfolgen.
Art. 7a 5
Beanstandung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Die Regulierungsbehörde kann einzelne Bestimmungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen jederzeit beanstanden, wenn diese der Postgesetzgebung, den §§ 864a und 879 ABGB oder den Art. 8 und 11 KSchG offenkundig widersprechen. Die Zuständigkeiten zur Überprüfung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach anderen Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Art. 8
Beschwerdeverfahren
1) Postdiensteanbieter haben für die Bearbeitung von Beschwerden der Nutzer Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 Bst. c des Gesetzes einzurichten, einschliesslich Verfahren zur Feststellung der Haftung in Fällen, in denen mehr als ein Anbieter beteiligt ist.
2) Sie haben durch die Verfahren nach Abs. 1 sicherzustellen, dass:
a) Streitfälle angemessen und zügig, längstens aber binnen drei Monaten aussergerichtlich geregelt werden können; und
b) in berechtigten Fällen eine Rückerstattung und/oder Entschädigung zugesprochen werden kann.
3) Die Einleitung eines Verfahrens nach Abs. 1 steht der Erhebung einer Zivilklage durch den Nutzer nicht entgegen.
4) Unbeschadet anderer Beschwerdemöglichkeiten oder Rechtsbehelfe sind Nutzer berechtigt, der Regulierungsbehörde solche Fälle vorzulegen, in denen Beschwerden bei Unternehmen nicht befriedigend gelöst worden sind.
Art. 9
Postsendungen anderer Postdiensteanbieter
Postsendungen, die in den Betrieb eines anderen Postdiensteanbieters als desjenigen, dem der Absender die Sendung eingeliefert hat, gelangen, sind innerhalb desselben Zeitraums und zu denselben Bedingungen und Preisen zu bearbeiten, wie eigene Postsendungen derselben Kategorie.
Art. 10
Nachweis der Einhaltung der branchenüblichen Arbeitsbedingungen
1) Postdiensteanbieter haben gegenüber der Regulierungsbehörde jährlich den Nachweis zu erbringen, dass sie die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einhalten.
2) Hat ein Postdiensteanbieter für den Bereich der Postdienste einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen, so gilt die Vermutung, dass die branchenüblichen Arbeitsbedingungen eingehalten werden.
3) Postdiensteanbieter haben mit ihren Subunternehmern schriftlich zu vereinbaren, dass sie die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einhalten, und diese Vereinbarung der Regulierungsbehörde nachzuweisen.
III. Zugang zu Adressdaten und Zugangspunkten
Art. 11
Vereinbarungen über die Zugangsgewährung
1) Die beteiligten Postdiensteanbieter haben der Regulierungsbehörde Vereinbarungen nach Art. 8 Abs. 2 bzw. Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes bis spätestens zwei Wochen nach deren Abschluss vorzulegen.
2) Die Regulierungsbehörde gewährt zugangsberechtigten Postdiensteanbietern, die Verhandlungen über eine Vereinbarung nach Art. 8 Abs. 1 bzw. Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes führen, auf Antrag hin Einsicht in bestehende Vereinbarungen mit anderen Anbietern. Das Geschäftsgeheimnis bleibt gewahrt.
Art. 12
Festlegung der Preise
1) Legt die Regulierungsbehörde die Preise für den Zugang zu Adressdaten nach Art. 8 Abs. 3 bzw. zu Zugangspunkten nach Art. 9 Abs. 2 des Gesetzes fest, so setzen sich die Preise für die betreffenden Dienstleistungen aus den Kosten der effizienten Leistungserstellung zusammen.
2) Die Festlegung der Preise nach Abs. 1 richtet sich nach der Kostenrechnung des zugangsgewährungspflichtigen Postdiensteanbieters; sie ist der Regulierungsbehörde zu diesem Zweck offenzulegen.
3) Die Regulierungsbehörde kann weitere Vorgaben zur Ausgestaltung des Kostenrechnungssystems nach Abs. 2 machen.
IV. Universaldienst
A. Umfang und Qualität
Art. 13
Umfang des Universaldienstes
1) Der Universaldienst nach Art. 10 Abs. 3 des Gesetzes umfasst die nach den Bestimmungen des Weltpostvertrages und der sonstigen Abkommen des Weltpostvereines festgelegten grundlegenden und ergänzenden Postdienstleistungen.
2) Für die Mindest- und Höchstabmessungen der betreffenden Postsendungen gelten die in den Bestimmungen des Weltpostvertrages und in den sonstigen Abkommen des Weltpostvereines festgelegten Werte.
Art. 14
Erbringung des Universaldienstes
1) Universaldiensteanbieter haben bei der Erbringung des Universaldienstes zu gewährleisten:
a) die Einhaltung des Mindestangebots an Postdiensten nach Art. 10 des Gesetzes sowie der Anforderungen nach Art. 15 bis 20 dieser Verordnung;
b) die Erbringung der gleichen Leistungen für die Nutzer, soweit vergleichbare Voraussetzungen gegeben sind;
c) die Erbringung der Dienstleistungen ohne Diskriminierung, insbesondere ohne Diskriminierung aus politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen;
d) die Aufrechterhaltung des Universaldienstes und die Erbringung der Leistungen ohne Unterbrechung oder Einstellung, ausser im Fall höherer Gewalt;
e) die Weiterentwicklung entsprechend den technischen, wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten sowie gemäss den Bedürfnissen der Nutzer.
2) Universaldiensteanbieter haben dafür Sorge zu tragen, dass in ihren Übereinkünften über die Endvergütungen im grenzüberschreitenden Postdienst die folgenden Grundsätze beachtet werden:
a) die Endvergütungen sind nach den jeweiligen Bestimmungen des Weltpostvertrages und den sonstigen Abkommen des Weltpostvereines zu berechnen;
b) die Höhe des Entgelts ist an die Qualität der Dienstleistung zu koppeln;
c) die Endvergütungen müssen transparent und nichtdiskriminierend sein.
Art. 15
Qualitätsnormen
1) Für den Universaldienst nach Art. 10 des Gesetzes gelten die folgenden Qualitätsnormen:
a) Zugangspunkte müssen so ausreichend vorhanden sein, dass die Nutzer in der Regel nicht mehr als einen einer Luftlinienentfernung von höchstens 6 000 Metern entsprechenden Weg zurückzulegen haben, um zu einer solchen Einrichtung zu gelangen;
b) die unter Bst. a genannten Zugangspunkte müssen an Werktagen nachfragegerecht betriebsbereit sein;
c) für die Allgemeinheit bestimmte Postbriefkästen müssen ausreichend vorhanden sein und sind an Werktagen zu leeren;
d) die Hauszustellung oder, ausnahmsweise unter von der Regulierungsbehörde zu beurteilenden Bedingungen, die Zustellung an geeignete Einrichtungen müssen an Werktagen gewährleistet sein;
e) die Laufzeiten nach Art. 16 sind einzuhalten.
2) Die Regulierungsbehörde teilt der EFTA-Überwachungsbehörde (ESA) die Qualitätsnormen für Inlandsleistungen mit.
Art. 16
Laufzeiten
1) Von den an einem Werktag eingelieferten inländischen Postsendungen müssen, mit Ausnahme der Postsendungen, die eine Mindesteinlieferungsmenge von 50 Stück je Einlieferungsvorgang voraussetzen, im Jahresdurchschnitt ausgeliefert werden:
a) mindestens 88 % der Standardsendungen der schnellsten Kategorie ("A-Post"/"PRIORITY") am ersten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag; und
b) mindestens 99 % bis zum zweiten auf den Einlieferungstag folgenden Werktag.
2) Von den an einem Werktag vormittags vor 5.00 Uhr übernommenen grenzüberschreitenden Postsendungen müssen ab Zollfreigabe im Jahresdurchschnitt ausgeliefert werden:
a) mindestens 80 % der Standardsendungen der schnellsten Kategorie ("Priority") am folgenden Werktag; und
b) mindestens 90 % bis zum zweiten auf den Übernahmetag folgenden Werktag.
3) Für die Laufzeit von Postsendungen im grenzüberschreitenden Postverkehr mit EWR-Mitgliedsstaaten gelten die in Anhang II der Richtlinie 97/67/EG festgelegten Qualitätsnormen. Diese Normen müssen für sämtliche Beförderungsverhältnisse im Gesamtrahmen des Postverkehrs im Europäischen Wirtschaftsraum sowie für jedes bilaterale Beförderungsverhältnis mit einem anderen EWR-Mitgliedsstaat erreicht werden.
4) Die Regulierungsbehörde kann auf Antrag eines Universaldiensteanbieters Ausnahmen von den in Anhang II der Richtlinie 97/67/EG vorgesehenen Qualitätsnormen festlegen, wenn aussergewöhnliche infrastrukturelle oder geografische Gegebenheiten dies erforderlich machen. Legt die Regulierungsbehörde solche Ausnahmen fest, teilt sie dies der ESA unverzüglich mit.
Art. 16a 6
Überprüfung der Preise und Preisänderungen
Der Antrag auf Genehmigung von Preisen und Preisänderungen des Universaldienstes ist bei der Regulierungsbehörde mindestens zwei Monate vor dem Datum der Inkraftsetzung der Preise oder der Preisänderung zu stellen. Der Antrag ist zu begründen.
Art. 17
Informationspflichten
1) Universaldiensteanbieter haben sicherzustellen, dass Nutzer und Postdiensteanbieter regelmässig ausreichend genaue und dem neuesten Stand entsprechende Informationen über die Merkmale der angebotenen Universaldienste erhalten, insbesondere über die allgemeinen Bedingungen für den Zugang zu diesen Leistungen, die Preise und die Qualität. Diese Informationen sind auf der Internetseite des Universaldiensteanbieters zu veröffentlichen.
2) Universaldiensteanbieter haben, sofern dies im Interesse der Nutzer liegt, auf die im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten Normen Bezug zu nehmen, und zwar insbesondere, wenn sie die Informationen nach Abs. 1 bereitstellen.
3) Universaldiensteanbieter und gegebenenfalls die Unternehmen, die im Rahmen des Universaldienstes Dienstleistungen erbringen, müssen mit dem Jahresbericht über die Kontrolle der Normeneinhaltung Angaben über die Häufigkeit von Beschwerden der Nutzer und über die Art und Weise ihrer Bearbeitung veröffentlichen.
Art. 18
Hauszustellung
1) Postsendungen sind dem Empfänger an der Wohn- oder Geschäftsadresse zuzustellen, sofern der Empfänger nicht durch Einrichtung eines Postfaches oder in sonstiger Weise erklärt hat, dass er die Sendungen abholen will.
2) Ist die Wohn- oder Geschäftsadresse des Empfängers nur unter unverhältnismässigen Schwierigkeiten zu erreichen oder fehlt eine geeignete und zugängliche Einrichtung für den Empfang von Postsendungen, kann der Empfänger von der Zustellung ausgeschlossen werden. Der Betroffene ist von dem beabsichtigten Ausschluss zu unterrichten.
Art. 19
Postfachzustellung
1) Die Postfachzustellung erfolgt durch den Betreiber der Postfachanlage im Auftrag des Postdiensteanbieters.
2) Ist der Empfänger einer Postsendung unbekannt, verweigert er deren Annahme oder wird die Postsendung nicht abgeholt, so muss der Postdiensteanbieter die betreffende Postsendung zurücknehmen.
3) Der Postdiensteanbieter muss die registrierte Postsendung innerhalb von höchstens sieben Tagen an der Postfachanlage zurücknehmen, in die die Postsendung erfolglos zugestellt wurde oder hätte zugestellt werden sollen.
4) Nimmt der Postdiensteanbieter die Postsendung nicht zurück, so muss der Betreiber der Postfachanlage die betreffende Postsendung dem verantwortlichen Postdiensteanbieter zum günstigsten Tarif zurücksenden. Die Kosten der Rücksendung gehen zulasten des Postdiensteanbieters.
Art. 20
Evaluierung der Qualität des Universaldienstes
1) Die Regulierungsbehörde beauftragt eine Stelle, die nicht mit dem Anbieter von Universaldienstleistungen verbunden ist, mit der regelmässigen Überprüfung der Qualität des Universaldienstes.
2) Die Überprüfung nach Abs. 1 erfolgt mindestens einmal jährlich. Gegenstand der Überprüfung ist insbesondere die Einhaltung der Laufzeiten nach Art. 16.
3) Die beauftragte Stelle hat die Ergebnisse der Überprüfung zu begründen und einen Jahresbericht zu erstellen, den sie der Regulierungsbehörde zur Veröffentlichung vorlegt.
4) Die Regulierungsbehörde kann auf der Grundlage der Ergebnisse der Überprüfung gegebenenfalls geeignete Korrekturmassnahmen ergreifen.
B. Kosten und Ausgleichsleistungen
Art. 21
Kostenrechnungssysteme
1) Universaldiensteanbieter führen in ihren internen Kostenrechnungssystemen getrennte Konten, um eindeutig zwischen allen Diensten und Produkten, die Teil des Universaldienstes sind, zu unterscheiden und jenen, bei denen dies nicht der Fall ist. Die internen Kostenrechnungssysteme basieren auf einheitlich angewandten und objektiv zu rechtfertigenden Grundsätzen der Kostenrechnung.
2) Bei den Kostenrechnungssystemen nach Abs. 1 werden die Kosten vorbehaltlich Abs. 3 wie folgt zugeordnet:
a) Kosten, die sich einem bestimmten Dienst oder Produkt unmittelbar zuordnen lassen, werden entsprechend zugeordnet;
b) gemeinsame Kosten, d.h. Kosten, die sich nicht unmittelbar einem bestimmten Dienst oder Produkt zuordnen lassen, werden wie folgt umgelegt:
1. wenn möglich aufgrund einer direkten Analyse des Kostenursprungs;
2. ist eine direkte Analyse nicht möglich, so werden die gemeinsamen Kostenkategorien aufgrund einer indirekten Verknüpfung mit einer anderen Kostenkategorie oder einer Gruppe von Kostenkategorien umgelegt, für die eine direkte Zuordnung oder Aufschlüsselung möglich ist; die indirekte Verknüpfung stützt sich auf vergleichbare Kostenstrukturen;
3. lassen sich weder direkte noch indirekte Massnahmen der Kostenaufschlüsselung anwenden, so wird die Kostenkategorie aufgrund eines allgemeinen Schlüssels umgelegt, der aus dem Verhältnis zwischen allen direkt oder indirekt umgelegten oder zugeordneten Ausgaben für den einzelnen einerseits und den anderen Diensten andererseits errechnet wird;
4. gemeinsame Kosten, die sowohl für den Universaldienst als auch für Dienste, die nicht zum Universaldienst gehören, notwendig sind, werden angemessen aufgeteilt; dieselben Kostenfaktoren sind sowohl für den Universaldienst als auch für Dienste, die nicht zum Universaldienst gehören, anzuwenden.
3) Andere Kostenrechnungssysteme dürfen angewendet werden, wenn sie mit Abs. 2 vereinbar sind und von der Regulierungsbehörde genehmigt wurden. Vor ihrer Anwendung hat die Regulierungsbehörde die ESA zu unterrichten.
4) Die Regulierungsbehörde hält ausreichend aufgeschlüsselte Informationen über die von einem Universaldiensteanbieter angewandten Kostenrechnungssysteme bereit und unterbreitet diese der ESA auf Anfrage.
5) Auf Anfrage werden von den Universaldiensteanbietern aus diesen Systemen hervorgehende ausführliche Informationen zur Kostenrechnung in vertraulicher Form der Regulierungsbehörde und der ESA zur Verfügung gestellt.
Art. 22
Berechnung der Nettokosten des Universaldienstes
1) Die Nettokosten des Universaldienstes sind als Differenz zwischen den Nettokosten des benannten Universaldiensteanbieters mit Universaldienstverpflichtungen und desselben Postdiensteanbieters ohne Universaldienstverpflichtungen zu berechnen. Dabei sind insbesondere die Kosten zu berücksichtigen, die dem Universaldiensteanbieter dadurch entstehen, dass ihm aufgrund gesetzlicher Vorgaben eine effiziente Unternehmensführung nicht möglich ist.
2) Bei der Berechnung der Nettokosten werden alle sonstigen relevanten Elemente, einschliesslich der dem Universaldiensteanbieter erwachsenden immateriellen und marktrelevanten Vorteile, des Anspruchs auf einen angemessenen Gewinn sowie der Anreize für Kosteneffizienz, berücksichtigt.
3) Die Kosten, die der Universaldiensteanbieter vermieden hätte, wenn die Universaldienstverpflichtungen nicht bestanden hätten, sind ordnungsgemäss zu ermitteln. Den Berechnungen sind die Kosten zu Grunde zu legen, die zurechenbar sind:
a) den Bestandteilen der ermittelten Dienste, die nur mit Verlust oder in einer Kostensituation ausserhalb normaler betriebswirtschaftlicher Standards erbracht werden können;
b) besonderen Nutzern oder Gruppen von Nutzern, die in Anbetracht der Kosten für die Bereitstellung der besonderen Dienste und der erwirtschafteten Erträge nur mit Verlust oder in einer Kostensituation ausserhalb normaler betriebswirtschaftlicher Standards bedient werden können; zu dieser Kategorie gehören diejenigen Nutzer oder Gruppen von Nutzern, die von einem gewinnorientierten Unternehmen ohne Verpflichtung zur Erbringung eines Universaldienstes nicht bedient würden.
4) Die Berechnung der Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen erfolgt getrennt und auf eine Weise, bei der eine Doppelzählung mittelbarer oder unmittelbarer Vorteile und Kosten vermieden wird. Die gesamten Nettokosten der Universaldienstverpflichtungen für den Universaldiensteanbieter sind als Summe der Nettokosten zu berechnen, die sich aus den spezifischen Bestandteilen der Universaldienstverpflichtungen ergeben, wobei insbesondere auch alle immateriellen Vorteile zu berücksichtigen sind.
Art. 23
Ausgleichsfonds
1) Die Regulierungsbehörde hat bei der Einrichtung eines Ausgleichsfonds und der Festlegung der Höhe der finanziellen Beiträge nach Art. 18 Abs. 1 des Gesetzes die Grundsätze der Transparenz, der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismässigkeit zu beachten.
2) Postdiensteanbieter mit einem Jahresumsatz von mehr als 250 000 Franken haben nach dem Verhältnis ihres Marktanteils im sachlich relevanten Markt zur Finanzierung des Ausgleichsfonds und zur Finanzierung der Fondsverwaltung beizutragen. Der dafür relevante Marktanteil bemisst sich nach dem Verhältnis ihres jeweiligen Umsatzes zur Summe des Umsatzes sämtlicher zum Beitrag verpflichteter Postdiensteanbieter auf dem sachlich relevanten Markt der betreffenden Postdienste im Geltungsbereich des Gesetzes, unter Ausserachtlassung der Umsätze des Universaldiensteanbieters im Universaldienst.
3) Kann der Umsatz eines zum Beitrag verpflichteten Postdiensteanbieters nicht ermittelt werden, wird er durch die Regulierungsbehörde geschätzt. Dabei ist Folgendes zu berücksichtigen:
a) die Anzahl der durch den Beitragspflichtigen beförderten Sendungen; und
b) der durchschnittlich von den übrigen Beitragspflichtigen erzielte Preis je Sendung.
4) Nach der Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 18 des Gesetzes setzt die Regulierungsbehörde die Anteile der zum Beitrag verpflichteten Postdiensteanbieter mit Verfügung fest. Die Verfügung muss auf objektiven und nachprüfbaren Kriterien beruhen und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
V. Hausbriefkästen und Hausbriefkastenanlagen
Art. 24
Einrichtung
1) Der Eigentümer einer Liegenschaft hat für die Zustellung von Postsendungen auf eigene Kosten einen frei zugänglichen Hausbriefkasten oder eine frei zugängliche Hausbriefkastenanlage einzurichten.
2) Der Hausbriefkasten besteht aus einem Brieffach mit einer Einwurföffnung und einem Ablagefach. Die Mindestmasse sind in Anhang festgelegt.
3) Der Hausbriefkasten ist mit vollständiger Anschrift des Wohnungs- oder Liegenschaftsbesitzers oder der Firma zu beschriften.
Art. 25
Standort
1) Der Hausbriefkasten ist an der Grundstücksgrenze beim allgemein benutzten Zugang zum Haus aufzustellen.
2) Mehrere Hausbriefkästen für die gleiche Hausnummer sind am gleichen Standort zu platzieren. Sind verschiedene Standorte möglich, so ist derjenige zu wählen, der am nächsten zur Strasse liegt.
3) Bei Mehrfamilien- und Geschäftshäusern kann die Hausbriefkastenanlage im Bereich der Hauszugänge aufgestellt werden, sofern der Zugang von der Strasse her möglich ist.
Art. 26
Ausnahmen
1) Von den Standortbestimmungen nach Art. 25 kann abgewichen werden, wenn deren Umsetzung:
a) für den Wohnungs- oder Liegenschaftsbesitzer aus gesundheitlichen Gründen zu unzumutbaren Härten führen würde;
b) bei behördlich als schutzwürdig bezeichneten Bauten zu einer Beeinträchtigung der Ästhetik führen würde.
2) Abweichungen von Abs. 1 sind in einer schriftlichen Vereinbarung mit dem Eigentümer einer Liegenschaft zu regeln. Die Anbieter, die nicht Vertragsparteien sind und die im gleichen Gebiet eine Hauszustellung anbieten, sind vorgängig anzuhören.
Va. Postwertzeichen7
Art. 26a 8
Grundsatz
1) Die Verwendung der von der Regierung herausgegebenen Postwertzeichen zur Abgeltung von Postdienstleistungen bedarf deren Genehmigung.
2) Die Regierung erlässt einen Kodex, welcher die Grundsätze der Gestaltung und Produktion von Postwertzeichen festhält. Der Universaldienstbetreiber setzt ein beratendes Fachgremium ein, welches insbesondere über die Einhaltung des Kodexes wacht. Dem Gremium hat wenigstens ein Vertreter der Regierung anzugehören.
3) Der Universaldienstbetreiber erstellt ein Jahresausgabeprogramm, welches die Themen der Postwertzeichen umschreibt.
4) Er kann Postwertzeichen aus dem Verkauf ziehen.
5) Er muss Postwertzeichen ausschliesslich auf Briefsendungen, einschliesslich eingeschriebenen Briefsendungen, in Zahlung nehmen.
VI. Schlussbestimmungen
Art. 27
Aufhebung bisherigen Rechts
Die Verordnung vom 14. Dezember 1999 zum Gesetz über das liechtensteinische Postwesen (Postverordnung, PV), LGBl. 1999 Nr. 248, in der geltenden Fassung, wird aufgehoben.
Art. 28
Inkrafttreten
1) Diese Verordnung tritt vorbehaltlich Abs. 2 am 1. Mai 2023 in Kraft.
2) Art. 1 Abs. 2 Bst. b tritt gleichzeitig mit dem Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 246/2021 vom 24. September 2021 zur Änderung von Anhang XI (Elektronische Kommunikation, audiovisuelle Dienste und Informationsgesellschaft) des EWR-Abkommens in Kraft.

Fürstliche Regierung:

gez. Dr. Daniel Risch

Fürstlicher Regierungschef
Anhang
(Art. 24 Abs. 2)
Mindestmasse der Brief- und Ablagefächer
Für Brief- und Ablagefächer gelten folgende Mindestmasse (in cm):
 
Brieffach
Ablagefach
 
Höhe
Breite
Tiefe
Einwurföffnung
Höhe
Breite
Tiefe
Öffnung
liegend
10,0
25,0
35,5
25,0 x 2,5
15,0
25,0
35,5
15,0 x 25,0
querliegend
10,0
35,5
25,0
35,5 x 2,5
15,0
35,5
25,0
15,0 x 35,5
stehend
35,5
25,0
10,0*
25,0 x 2,5
35,5
25,0
15,0
35,5 x 25,0
* Bei kombiniertem, stehendem Brief-/Ablagefach 8 cm
Übergangs- und Inkrafttretensbestimmungen
783.01 Postdienste- und Paketzustelldiensteverordnung (PPV)
Liechtensteinisches Landesgesetzblatt
Jahrgang 2023 Nr. 411 ausgegeben am 3. November 2023
Verordnung
vom 31. Oktober 2023
über die Abänderung der Postdienste- und Paketzustelldiensteverordnung
...
II.
Übergangsbestimmung
9Auf zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung hängige Verfahren findet das neue Recht Anwendung.
...

1   Richtlinie 97/67/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 1997 über gemeinsame Vorschriften für die Entwicklung des Binnenmarktes der Postdienste der Gemeinschaft und die Verbesserung der Dienstequalität (ABl. L 15 vom 21.1.1998, S. 14)

2   Verordnung (EU) 2018/644 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. April 2018 über grenzüberschreitende Paketzustelldienste (ABl. L 112 vom 2.5.2018, S. 19)

3   Art. 1 Abs. 2 Bst. b tritt gleichzeitig mit dem Beschluss des Gemeinsa-men EWR-Ausschusses Nr. 246/2021 vom 24. September 2021 zur Änderung von Anhang XI (Elektronische Kommunikation, audiovisuelle Dienste und Informationsgesellschaft) des EWR-Abkommens in Kraft.

4   Art. 7 abgeändert durch LGBl. 2023 Nr. 411.

5   Art. 7a eingefügt durch LGBl. 2023 Nr. 411.

6   Art. 16a eingefügt durch LGBl. 2023 Nr. 411.

7   Überschrift vor Art. 26a eingefügt durch LGBl. 2023 Nr. 411.

8   Art. 26a eingefügt durch LGBl. 2023 Nr. 411.

9   Inkrafttreten: 1. Dezember 2023.